– Was tun gegen Schlafstörungen?

(Ein Gastbeitrag von Tobias Remmen, Student B.Sc. Psychology)

In diesem Artikel präsentieren wir zehn praktische Tipps, um Schlafstörungen effektiv zu bekämpfen und optimale Regeneration zu fördern. Unser fachlicher Fokus liegt hierbei vor allem auf Leistungssportlern, aber auch wenn du nur gelegentlich oder kaum sportlich aktiv bist, kannst du sicher einiges an Wissen über deinen Schlaf mitnehmen.


Ernährung und Training sind zwei zentrale Themen für deine sportliche Leistungsfähigkeit. Das steht außer Frage.
Aber nicht vergessen! Deine Muskeln wachsen in Regenerationsphasen. Dein Körper braucht den Schlaf, um sich aufzubauen und zu verbessern. Das physische Training gibt dem Körper richtungsweisende Informationen über Defizite und Möglichkeiten der Optimierung. Nahrung, die du zu dir nimmst, ist ein Baustein, die dein Körper nutzt, um Muskeln aufzubauen. Aber dein Schlaf ist der eigentliche Bauprozess, in dem neuronale Verbindungen verschaltet werden, Muskelwachstum und Erholung finden statt und die Leistungsfähigkeit wird gesteigert.
Kurz gesagt, den Schlaf für mehr Trainings- oder Freizeit zu opfern, wird dich nicht zum Ziel bringen und damit tust du weder dir noch deinem Körper etwas Gutes. Nun sagt sich das so leicht, ist aber in der Praxis natürlich schwer umzusetzen.

 

Warum sind gerade Sportler Schlafstörungen ausgesetzt?

Druck durch Wettkämpfe, Konkurrenten, Eltern, Trainer, Lehrer oder Berufsleben:  Der Stress, der auf Sportlern lastet, ist enorm. Da bleibt der Schlaf schon mal auf der Strecke. Dies ist einleuchtend, denn gerade Stress ist, wie verschiedene Studien zeigen, ein echter „Schlafkiller“ (Van Reeth et al., 2000). Stress ist eine natürliche Körperreaktion auf Belastung und kennzeichnet sich durch eine physiologische Aktiviertheit. Die Stressreaktion im Körper ist ursprünglich eine Reaktion auf eine Gefahr, die dem Körper schnell Energie zur Verfügung stellt und reaktionsfähig macht. Funktionen, die nicht wichtig für die Bekämpfung der „Gefahr“ sind, werden gehemmt. Dazu gehört zum Beispiel Sexualität oder eben auch Schlaf.
Zeitprobleme führen u.a. zu Schlafmangel bei Sportlern. Wenn du täglich ein bis zweimal trainierst, hast du logischerweise für andere Dinge weniger Zeit und wenn du parallel zu Schule gehst, studierst oder berufstätig bist, fehlt häufig die Zeit für ausreichend Schlaf. Ein Effekt, der sich noch verstärkt, da Leistungssportler mehr Schlaf brauchen.

Schlafstörungen – ein Grundproblem im Sport?
Das Grundproblem, das also besteht lässt sich wie folgt zusammenfassen: Leistungssportler brauchen, um leistungsfähig zu bleiben, mehr Schlaf als der Otto Normalbürger, haben aber weniger Zeit zum Schlafen und sind häufig erhöhtem Stress ausgesetzt.
Aber wie löst du diese Probleme jetzt? Wie schaffst du es trotz Leistungssport gut und ausreichend zu schlafen? Hier ist ein gutes Zeitmanagement essentiell, genauso wie generelle Stressreduktion. Aber es gibt auch ein paar praktische Strategien, die deinen Schlaf sicherlich verbessern werden.

  1. Schlafstörungen durch künstliche Lichtquellen vor dem Einschlafen:
    Licht ist essentiell für unseren Tag-Nacht-Rhythmus. Unsere innere Uhr orientiert sich sehr stark an der Sonneneinstrahlung. Unser Körper kann aber zwischen Sonnenlicht und künstlichem Licht nicht gut differenzieren. Dadurch werden wir verwirrt und weniger schläfrig. Besonders anregend für die Netzhaut und in diesem Sinne problematisch ist hier blaues Licht. Meide, wenn möglich, ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen Handy, Tablet, PC, Fernseher und Co. Oder nutze zumindest, den in vielen Geräten verfügbaren „Nachtmodus“. Eine weitere Option ist eine Blaulichtfilterbrille. Vor allem wenn du beruflich viel am Computer arbeitest, wäre das eine Überlegung wert. Diese Brille filtert das blaue Licht aus den Bildschirmstrahlen heraus und kreiert so ein angenehmeres Erlebnis für die Augen.
  2. Schlafstörungen, dein Tag- und Nachtrhythmus kann zum Problem werden!
    Vielleicht kennst du die Situation? Es ist Wochenende und du musstest jeden Tag unter der Woche um 07:00 Uhr aufstehen und jetzt, wo du mal ausschlafen könntest, bist du trotzdem wieder um 07:00 hellwach. Das muss nicht immer so extrem auftreten, liegt aber grundsätzlich daran, dass dein Körper nicht in der Lage ist, seinen Schlafrhythmus schnell umzustellen. Am besten funktioniert dein Rhythmus, wenn du zu regelmäßigen Zeiten ins Bett gehst und aufstehst.
  3. Schlafstörungen und die Schlafumgebung kann verwirren:
    Vielleicht hast du schon mal von dem „First Night Effect“ gehört. Der Begriff beschreibt das Phänomen, dass wir vor allem in der ersten Nacht an neuen Orten oft deutlich schlechter schlafen, als im heimischen Bett. Das liegt daran, dass die Hirnhälften nicht in gleichem Ausmaß ruhen. Unser Körper geht erst einmal sicher, dass die neue Umgebung auch sicher genug ist, um fest zu schlafen, bevor er sich erlaubt, richtig auszuruhen. Was evolutionstechnisch sinnvoll erscheint, ist in unserer modernen Welt oft einfach nervig. Wenn du als Sportler viel reist kann der First Night Effekt dich betreffen. Es ist nicht möglich, die Schlafumgebung auf Reisen genauso herzurichten wie zuhause, trotzdem findest du vielleicht einzelne Aspekte, die du vereinheitlichen kannst. Möglichkeiten wären hier: Den Bettbezug von zuhause mitbringen, die Nachttischlampe im Gepäck haben, einen Raumerfrischer oder Duftkerzen von zuhause mitbringen, die gleichen Einschlafrituale wie zuhause durchführen (z.B. Lesen oder ein Hörbuch hören) oder vielleicht gibt dir ja sogar ein Stofftier Sicherheit. Probiere gerne ein bisschen rum und achte darauf, ob sich dein Schlaf verbessert.
  4. Schlafstörungen durch Übertraining:
    Zusätzlich zu den äußeren Umständen kann der Leistungssport an sich auch den Schlaf beeinflussen. Dies entsteht, wenn keine ausreichende Balance aus Training und Ruhephasen besteht und du ins Übertraining gerät. Lösungen müssen beim Ausmaß und der Intensität des Trainings ansetzen. Hör auf deinen Körper, nimm Schmerzen und anhaltende Erschöpfung ernst. Wechsele intensive Trainingseinheiten mit entspannteren Techniktrainings ab und trainiere, wenn möglich, nicht die gleichen Muskelgruppen hintereinander. Natürlich ist das Risiko für Übertraining bei einigen Sportarten wesentlich höher als bei anderen und auch der optimale Umgang mit dem Übertrainingsrisiko unterscheidet sich dementsprechend.
  5. Schlafstörungen durch Koffeinkonsum
    Ein weiterer Faktor für Schlafstörungen ist übermäßiger Koffeinkonsum, ein gesamtgesellschaftliches Problem, das von einigen Sportlern aber, auf die Spitze getrieben wird. Bedenke bei Koffein empfohlene Dosen von 3 mg pro kg Körpergewicht auf einmal und 5,7 mg pro kg Körpergewicht über den ganzen Tag nicht zu überschreiten. Versuche außerdem nachmittags und abends Koffein zu meiden. Koffein hat eine Halbwertszeit von 4 Stunden, das heißt aber auch, dass nach 4 Stunden noch die Hälfte in deinem Kreislauf ist und sogar nach 8 Stunden Wirkung verbleiben kann. Wenn du Schlafprobleme hast, wäre es auch eine Überlegung wert, Kaffee, Energydrinks oder Booster ganz wegzulassen.
  6. Entspannungsverfahren gegen Schlafstörungen
    Wenn du im Bett liegst und nicht einschlafen kannst, weil du angespannt oder gestresst bist, lieg nicht einfach nur da und wälz dich immer wieder hin und her, nimm dir stattdessen die Zeit und konzentriere dich 5-10 Minuten auf eine Entspannungsübung. Entspannungsübungen gibt es wie  Sand am Meer und hier gilt wie immer die Devise: Mach was für dich funktioniert! Unsere Empfehlung ist hier die progressive Muskelentspannung nach Jacobson, die dich nicht nur auf andere Gedanken bringt, sondern auch körperliche Verspannungen der Muskeln löst. Anleitungen für eine progressive Muskelentspannung finden sich auf Youtube und Spotify zuhauf.
  7. Vorsicht mit Schlafmitteln bei Schlafstörungen
    Besonders bei hartnäckigen Schlafstörungen fällt der Griff zu einem Schlafmittel natürlich leicht, doch sollte dies wirklich nur das letzte Mittel sein und nur in Absprache mit einem Arzt eingenommen werden. Viele Medikamente erleichtern zwar das Einschlafen, schaden dann aber der Schlafqualität, sodass du am Ende nicht viel durch ihre Einnahme gewinnst. Wenn du am nächsten Morgen immer noch so müde bist, dass du überhaupt nicht leistungsfähig bist, bringt das Schlafmittel dich auch nicht weiter. Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, das nicht abhängig macht und insofern ein relativ harmloses Schlafmittel, dennoch gilt auch hier, dass Nebenwirkungen auftreten können.
  8. Nutze Tagesschlaf bei Schlafstörungen mit Vorsicht
    Wenn du weniger Probleme mit dem Einschlafen hast und mehr Probleme damit, ausreichend Schlafzeit einzuhalten, kannst du fehlenden Nachtschlaf am Tag, z.B. in Form einer Mittagsruhe, kompensieren. Aber Achtung, wenn du viel am Tag schläfst, kann das natürlich auch zu Einschlafproblemen in der Nacht führen. Der sicherste Weg ist, vor allem wenn du dich tagsüber müde fühlst, oder vielleicht nach dem Mittagessen ein Tief hast, mal einen schnellen „Powernap“ von unter einer halben Stunde einzulegen. Danach fühlst du dich frischer und hast nicht lange genug geschlafen, um abends damit Probleme zu bekommen.
  9. Schlaf vor einem Wettkampf aus!
    Wir verstehen, dass man es als Sportler nicht immer schafft auszuschlafen, so schön das auch wäre, aber wenn du dir einen Gefallen tun möchtest, schlaf zumindest vor Wettkämpfen aus, du wirst merken, wie sehr das deine Leistungsfähigkeit verbessert.
  10. Nimm eine professionelle Schlafberatung war!
    Wenn du merkst, dass du trotz unseren Tipps immer noch Probleme mit dem Einschlafen hast, melde dich sehr gerne bei mir und ich unterstütze dich mit einer individuell auf dich abgestimmten Schlafberatung:
    Grit Moschke, Mail: grit@fitmitgrit.com, Mobil: 0179/6781613

 

Quellen:
https://smf.swisshealthweb.ch/de/article/doi/smf.2022.08941

Van Reeth,O., Weibel, L., Spiegel, K., Leproult, R., Dugovic, C. &  Maccari, S. (2000). PHYSIOLOGY OF SLEEP (REVIEW)–Interactions between stress and sleep: from basic research to clinical situations. , 4(2), 0–219. https://doi.org/10.1053/smrv.1999.0097

Hof Zum Berge, Annika & Kellmann, Michael & Loch, Fabian & Ferrauti, Alexander & Meyer, Tim & Pfeiffer, Mark & Jakowski, Sarah. (2022). Validierung des Fragebogens zum Schlafverhalten von Sportlerinnen und Sportlern (FSVS). Zeitschrift für Sportpsychologie. 29. 84-94. 10.1026/1612-5010/a000367.

Simpson, Richard & Didymus, Faye & Williams, Toni. (2021). Organizational stress and well-being in competitive sport: A systematic review. International Review of Sport and Exercise Psychology. 10.1080/1750984X.2021.1975305.

https://www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/medizin/koffeinkonsum-wie-viel-koffein-ist-gesundheitlich-unbedenklich-13376397

https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/gehirn-nerven/restless-legs-syndrom-ursache-und-therapie/

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kaffee-wirkung-mhsd.486b951e-f12b-431c-ad83-c51369055705.html

https://www.schlaf.org/licht/

https://www.zeit.de/zeit-magazin/2023-07/first-night-effect-schlaf-forschung

https://besserschlafen.de/progressive-muskelentspannung/

https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/entspannung/progressive-muskelentspannung-pmr-einfache-anleitung/

https://www.netdoktor.de/medikamente/melatonin/

 

Köln, am 20.5.2024

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