Wie dein Drang zur Smartphonenutzung deine mentale Kapazität beeinflusst –

Motor Priming als Einfluss auf unsere Bewegungen

Der Erwerb von motorischen Fähigkeiten ist ein wichtiger Teil der menschlichen Entwicklung. In der Kindheit werden grundlegende motorische Fähigkeiten, wie u.a. gehen und greifen erlernt. Ohne die Beherrschung der grundlegenden motorischen Fähigkeiten kann der Alltag eines Menschen bedeutend erschwert sein. Doch nicht nur für den Alltag werden motorische Fähigkeiten benötigt. Auch im Sport ist die stetige Verbesserung der motorischen Leistungsfähigkeit für das Erlernen von verschiedenen Techniken interessant. Das motorische Lernen findet hauptsächlich im Gehirn statt. Dort werden anschließend auch die verschiedenen Bewegungsabläufe gesteuert.

Was ist Priming?

Die Wissenschaft beschäftigt sich schon länger damit, wie motorisches Lernen optimiert werden kann. Forscher:innen sind dabei darauf gestoßen, dass das motorische Lernen durch Priming beeinflusst werden kann. Priming wird in der Psychologie bereits lange untersucht. Es ist eine Form des impliziten, also indirekten Lernens, bei der bestimmte Reize Verhaltensänderungen auslösen (Stoykov & Madhavan, 2015). Dies kann z.B. in Therapien dazu genutzt werden Verhaltensänderungen zeitgleich mit neuronalen Veränderungen zu bewirken (Stoykov et al., 2017).

Zudem bedeutet es, dass manche Objekte einen bestimmten Bewegungsdrang auslösen können (Sumner et al., 2007). Dies passiert dadurch, dass manche Objekte mit bestimmten Bewegungsabläufen assoziiert werden, was eine automatische unbewusste motorische Aktivierung (Priming) auslösen kann (Sumner et al., 2007).

Das kann sogar dann passieren, wenn die Person eigentlich keine Intention hat diese Bewegung auszuführen (Sumner et al., 2007).

Ein praktisches Beispiel ist die Bewegung des Greifens nach deinem Smartphone. Du kennst die Situation? Du siehst dein Handy, gehst deinem Drang nach und willst es in die Hand nehmen, Nachrichten checken oder einfach nur Scrollen? Bereits in unserer Vorstellung assoziieren wir verschiedene Dinge und deshalb werden bereits beim Anblick Glückshormone ausgeschüttet. Ein Belohnungsgefühl entsteht bei dir und die Welt scheint in Ordnung.

Dieser unbewusste Drang könnte auch dann stattfinden, wenn du das Handy eigentlich gar nicht nutzen willst, z.B. auf der Arbeit. Wenn das passiert, muss das Gehirn mehr Arbeit leisten, um diesen Drang zu unterdrücken, so dass die Person sich weiter auf ihre Arbeit konzentrieren kann. (Zeitverzögerung durch Verarbeitung multipler Reiz, Inanspruchnahme des Arbeitsgedächtnisses und Zeitverzögerung im Handlungsablauf/ Flaschenhalsmodell)

Wie funktioniert Priming beim motorischen Lernen?

Wenn Priming nun im Kontext des motorischen Lernens auftritt, wird es als Motor Priming bezeichnet. Motor Priming ist der Begriff für die Aktivierung einer entsprechenden motorischen Reaktion infolge eines Reizes, z.B. der Beobachtung einer Bewegung (Liepelt et al., 2008).

Beispiel:  Ein Kind, dass seine älteren Geschwister dabei beobachtet, wie sie auf ihr Fahrrad steigt und losfährt, wird bereits durch diese Beobachtung, laut der Theorie des Motor Primings,  einen Lerneffekt verzeichnen. Er kann das Erlernen der korrekten Bewegungsausführung erleichtern aber auch stören.

Wie kann man sich Motor Priming zu Nutzen machen?

Motor Priming kann z.B. in Therapien eingesetzt werden. Wissenschaftler:innen beschäftigen sich damit, wie dieser Einsatz effektiv stattfinden kann. Dabei werden besonders häufig Patient:innen nach einem Schlaganfall untersucht. Es ist das Ziel, bei diesen so viele motorische Fähigkeiten wie möglich zurückzugewinnen. Als Motor Priming Methoden werden dafür z.B. das bewegungsbasierte Priming eingesetzt.

Eine Methodik davon ist das bilaterale Priming, bei dem beidseitig trainiert wird. Hierbei werden, z.B. mit Hilfe eines speziellen Geräts, das die Symmetrie der Bewegung sicherstellt, beidseitig und kontinuierlich die Hände angezogen und weggestreckt. Sinn dieser Form des Motor Primings ist es, das Gehirn darauf vorzubereiten, besser auf folgende Bewegungstrainings zu reagieren (Stoykov et al., 2017).

Eine weitere Methodik in der Therapie ist das unilaterale Priming, bei dem einseitig gearbeitet wird. Es hat sich herausgestellt, dass durch einseitiges gezieltes Training beidseitig Verbesserungen auftreten können.

Beispiel: Ein weniger betroffener Fuß einer Schlaganfall – Patient:innen wurde durch ein Kräftigungstraining intensiv angesteuert, um die andere, stärker betroffene Seite zu kräftigen (Stoykov et al., 2017). Auch wenn sich beide Techniken als hilfreich in der Wiederherstellung motorischer Fähigkeiten nach Schlaganfällen herausgestellt haben, konnten bessere Effekte mit dem bilateralen Priming erzielt werden.

Fazit

Motor Priming ist sehr vielfältig und geht von der Beeinflussung des Neuerlernens von Bewegungen im Kindesalter bis zum Einsatz in des Wiedererlernens von Bewegungen nach Schlaganfällen. Der gezielte Einsatz von Motor Priming im Leistungssport ist noch nicht weitergehend erforscht. Womöglich ist dies eine lohnenswert zu füllende Forschungslücke, da das Phänomen möglicherweise Potenzial für das Erlernen von Techniken besitzt.

Ein großes Dankeschön geht an Johanna Koch (B.Sc. Psychology) für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrags.

Eure fitmitgrit.  

Quellen:

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25415551/

https://psycnet.apa.org/fulltext/2008-06370-006.pdf?auth_token=c931dc7ed6d222e625dba595b086892ce782293e&returnUrl=https%3A%2F%2Fpsycnet.apa.org%2FdoiLanding%3Fdoi%3D10.1037%252F0096-1523.34.3.578

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6238643/

Sumner, P., Nachev, P., Morris, P., Peters, A.M., Jackson, S.R., Kennard, C., Masud Husain, M. (2007). Human medial frontal cortex mediates unconscious inhibition of voluntary action. Neuron 54, 697-711.

 

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