Wenn der Wunsch nach einem muskulösen Körper die Ernährung bestimmt

Wenn man an problematisches Essverhalten denkt, hat man häufig als ersten Gedanken junge, weibliche Personen im Kopf, die möglichst wenig essen oder sich nach dem Essen übergeben, um Schlankheitsidealen zu entsprechen. Dabei ist vielen nicht bewusst, wie vielfältig Probleme mit dem Essen sein können und das auch oft Jungs und Männer davon betroffen sind.

Gesellschaftliche körperliche Ideale gehören oft zu den Ursachen

Der Mensch ist ein Gesellschaftstier und die Gesellschaft gibt bestimmte Ideale vor, wie Personen optimal auszusehen und sich zu verhalten haben. Diese Ideale sind bei verschiedenen Personengruppen unterschiedlich. Für Frauen galt es lange als schön, möglichst dünn zu sein. Eine bekannte Nebenwirkung, die eine extreme Nacheiferung dieses Ideals bei Personen haben kann, die zusätzlich die passende Persönlichkeitsstruktur haben, ist die Entwicklung der Krankheit Anorexia nervosa, auch bekannt als Magersucht. Für Männer gilt es hingegen als schön, möglichst wenig Fett und möglichst viele Muskeln, mit einer schmalen Taille, breiten Schultern und großem Bizeps zu haben (Griffith et al., 2013). Hier ist es allerdings deutlich weniger bekannt, dass eine extreme Nacheiferung dieses Ideals auch eine Nebenwirkung im Essverhalten haben kann. Diese wird als muskulösitätsorientiertes Essen bezeichnet und ist bisher keine anerkannte klinische Störung.  

Wie häufig sind diese Verhaltensweisen?

Zu der Problematik des muskulösitätsorientiertem Essen gibt es bisher wenig empirische Forschung. Dies wird langsam allerdings mehr, was auch dringend notwendig ist, da es bereits Evidenz gibt, die vermuten lässt, dass essgestörte Verhaltensweisen bei Männern, die sich auf das Ziel möglichst muskulös zu sein fokussieren, genauso häufig vorkommen, wie die „klassischen“ Essstörungen bei Frauen, also eine Prävalenz von 3-4% haben (Lavender et al., 2017).

Was sind die typischen Verhaltensweisen bei muskulösitätsorientiertem Essen?

Zu typischen Verhaltensweisen von muskulösitätsorientiertem Essen gehören ein hoher Proteinkonsum, eine häufige Nahrungsaufnahme trotz Sättigung, für die andere wichtige Aktivitäten unterbrochen werden, eine Verflüssigung von Nahrung, um leichter viele Kalorien zu sich nehmen zu können, eine an den Trainingsplan angepasste Reduktion von Kohlenhydraten und die Einnahme von Substanzen wie z.B. Steroiden oder Nahrungsergänzungsmitteln, die den Muskelaufbau unterstützen sollen (Griffiths et al., 2013).  

Zusätzlich orientieren sich betroffene oft an Techniken, die vor allem aus dem Bodybuilding bekannt sind. Dafür essen sie phasenweise sehr viel, um durch das dort ausgeführte Training an Körpermasse aufzubauen. Diese Phase ist als Massephase bekannt. Vom muskulösitätsorientiertem Essen betroffene Personen sind in dieser Phase oft unzufrieden, da der Körper aufgrund des höheren Körperfettanteils weniger definiert aussieht. Auf diese Massephase folgt die sogenannte Definitionsphase, in der bewusst Körperfett reduziert werden soll, damit die Muskeln sichtbarer werden. In dieser Phase wird die Kalorienaufnahme deutlich reduziert. In dieser Phase kommt es auch wieder leicht zu Unzufriedenheiten mit dem Körper, da der Muskelaufbau schwerer fällt (Lavender et al., 2017).

Solche Verhaltensweisen können sich negativ auf das (Sozial-) Leben und die mentale und körperliche Gesundheit auswirken, weshalb sie dringend ernst zu nehmen sind und professionell behandelt werden sollten.

Können auch Frauen betroffen sein?

Die einfache Antwort hier lautet ja. So wie Männer an Magersucht etc. leiden können, können Frauen von muskulösitätsorientiertem Essen betroffen sein. In einer Studie, die Mädchen und Jungen untersucht hat, kam heraus, dass signifikant mehr Jungen der Untersuchungsgruppe betroffen waren (Eisenberg et al., 2012). Trotzdem können sie auch bei Mädchen und Frauen vorkommen. Zusätzlich ist hier wichtig zu bedenken, dass sich Ideale verändern. Heutzutage ist das Ideal des weiblichen Körpers sportlich auszusehen, also auch etwas sichtbare Muskulatur zu haben (Bozsik et al., 2018). Gerade deswegen ist es wichtig, auch bei Mädchen und Frauen auf solche Verhaltensweisen zu achten und in Betracht zu ziehen, dass es zu oben genannten Problemen kommen kann.

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Literatur:

https://doi.org/10.1007/s11920-017-0787-5

https://doi.org/10.1007/s11199-017-0886-0

http://www.jeatdisord.com/content/1/1/15

https://doi.org/10.1542/peds.2012-0095

 

Deine fitmitgrit.                                                                                                 

Köln, am 24.5.2022

 

 

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