Unser tägliches Leben wird zu einem großen Teil von unserem Smartphone bestimmt. Wir haben es ständig in der Hand, behüten es gut und erfreuen uns an den vielfältigen Möglichkeiten der Nutzung. Es ist uns eine große Unterstützung in allen Lebensbereichen. Wir können damit Freundschaften pflegen, neueste Informationen zu Lieblingsthemen erhalten, Musik hören und persönliche Trainingsdaten eingeben und uns mit der ganzen Welt vernetzen. In der Sportwelt ein hilfreiches Objekt, um Ergebnisse und Rekorde zu vergleichen, Sponsoren zu bedienen und letztendlich, um die Existenz abzusichern. Denken wir neben den Siegerposen auch an die Mobbingopfer oder Smartphonedepris?
Wir sitzen zusammen und schauen uns weniger in die Augen, hören weniger konzentriert zu, lassen die Sinne umherschweifen. Wir urteilen sehr schnell über Menschen, egal ob wir sie kennen oder nicht, bewerten ungefragt. Wir lassen uns ein fiktives Leben durch optimierte Fotos und Videos vorspielen. Es bleibt weniger Zeit zum Chillen und Nachdenken.
Die Selbstbewertung verstärkt sich und das Selbstkonzept wird in Frage gestellt. Wer bin ich? Wie lebe ich? Bin ich ok? Was muss ich tun, um wie die anderen zu sein? Welches Leben führe ich? Im Bereich Sport, Fitness, Training und Wettkampf entsteht ein unmittelbarer Vergleich mit Gleichgesinnten. Sollte ich schneller sein? Sollte ich mehr Muskeln aufbauen? Ist meine Laufstrecke besser, mein Rad hochwertiger ausgestattet als das meines Konkurrenten? Den ganzen Tag können wir diese Impulse wahrnehmen, Fragen an uns selbst stellen. Smartphones verbrauchen unsere mentale und emotionale Kraft, lassen uns von den täglichen Lebensdingen ablenken und die Realität verschwimmen. Die Willenskraft sinkt. Warum? Durch stabile Routinen im Trainings- und Wettkampfalltag, sind weniger Entscheidungen zu treffen. Das Gedächtnis wird nicht für neue Entscheidungsprozesse benötigt. Die körperliche Aktivität bzw. Leistungsoptimierung im Hier und Jetzt bleibt effektiv im Vordergrund.
Sportler/innen sind mehr im Selbstfokus bzw. in ihrem Flow. Werden neue Impulse durch Smartphonenutzung erzeugt, sind neue Gedankenketten und eine Verstärkung oder Fixierung auf Fragen, Themen oder Problemen die Folge.
Stabilisierende Routinen im Tagesablauf werden häufig bis sehr häufig unterbrochen. Ein Hin- und Herpendeln der Handlungen sind die Folge. Es entstehen Aufmerksamkeitsdefizite, die sich in der Reduktion der Willensbildung zeigen könnten. Besonders im Bereich des Selftracking und Selfmonitoring im Radsport, Triathlon oder in der Laufbewegung kann die Unzufriedenheit durch den Vergleich der riesigen Datenmengen anderer Sportler/innen schnell ansteigen. Übermotivation oder Demotivation sind die Folge. Ein verstärkter Antrieb, der die Zufriedenheit steigert oder reduziert.
Phantom-Vibrationen, akustische und taktile Halluzinationen beschreibt der US amerikanische Psychologe Larry Rosen in seinem Buch iDisorder im Jahr 2012. (In: Smartphone – Epidemie, Manfred Spitzer, 2018)
Früher hörte man schon einmal die Türklingel, obwohl niemand da war und heute hört man sein Smartphone, obwohl es nicht gesummt hat. Das Smartphone wird über den Tastsinn als vibrierend wahrgenommen, doch nach dem Greifen in die Sportjacke oder Sporttasche werden wir enttäuscht. Nichts ist passiert. ☹
Diese Fehlleistungen des Gehirns im Sport können fatale Folgen haben. Es kommt zu Fokusverlust, Konzentrationsreduktion und manchmal auch zu Unfällen beim Sport.
Beim Gang ins Fitnessstudio geht es um ein nettes Bild für Instagram, eine schöne Pose oder einen neuen Klamottenstyle. Im Bereich der Wettkampfvorbereitung, bei dem der persönliche Fokus auf dem inneren Gleichgewicht liegen sollte, entstehen viele neue und vergleichende Gedanken. Es wird die virtuelle Welt als reale angenommen und unser Gehirn ständig mit Herzchen und Emoticons belohnt. Realität, Präsenz und Fiktion verschwimmen. Doch es gibt auch Vorteile.
(Aus einem Interview mit einem Radprofi zum Smartphone – Social Media Gebrauch, anonymisiert)
Glaubst du, dass die Leistung der Athleten heutzutage durch die Nutzung von Selfmonitoring durch Apps und Geräte stärker verbessert wird als noch vor 20 Jahren?
„Ja, da bin ich sehr sicher. Ich selbst bin bereits seit 1998 im Sport unterwegs und durfte diese Veränderungen in der Beobachtung von uns Athleten aktiv miterleben – ich erinnere mich natürlich noch an Zeiten, da gab es keine Wetterapps und keine SRM Steuerung – da telefonierte ich morgens mit dem Coach „oh Trainer, heute viel Wind und Nieselregen“ und schon war eine Einheit in das Sportzimmer vor dem TV Gerät verlegt – (lacht) – das kommt heute nicht mehr vor – aus verbesserter Selbstüberzeugung und eben durch das Selfmonitoring und engmaschiger Begleitung durch das Trainerteam.“
Welche Vor – und Nachteile bringt das Selfmonitoring hervor?
„Als Athlet kann ich persönlich keine Nachteile erkennen – die Vorteile liegen auf der Hand – kennst Du Dich als Athlet und Mensch gut, beobachtest Du regelmäßig und aufmerksam, erkennst Du auch sehr früh Veränderungen und kannst darauf reagieren – Du darfst das Selfmonitoring eben nie als „Überwachung“ ansehen, sondern als positive Trainingssteuerung.“
Was ist jetzt zu tun?
Aktuell liegt wohl die Antwort in der Mitte. Um eine persönliche Leistung im Sport zu optimieren, braucht es Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und mentale Stärke.
Die Achtsamkeit im Umgang mit dem eigenen Smartphone oder Social Media Nutzung im Sport ist eine komplexe Angelegenheit. Aber eine Reflexion zu eigenen Handlungsweisen und eine Verhaltensmodifikation kann letztendlich zu einer verbesserten sportlichen Leistung führen. Besonders effektiv hat sich die Smartphonediät oder die sogenannte Smartphonedetox – Kur bewährt. Das Smartphone wird über einen selbstgewählten Zeitraum ausgeschaltet. Die freie Zeit wird für Regeneration, Freunde, Familie oder fokussiertes Training genutzt.
In einem früheren Blog hatte ich bereits das Thema in Grundzügen beschrieben.
https://blog.fitmitgrit.com/blog-13
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Deine fitmitgrit.