Wie sich der Frauenradsport ins Rampenlicht kämpft und kämpfte

Nach 119 Jahren ist es jetzt soweit 😊

Auf die diesjährige Tour de France folgt ein ganz besonderes Event. Vom 24. – 31. Juli 2022 findet nämlich eine weitere Tour de France, diesmal für Frauen statt. Das diese Tour überhaupt stattfindet, ist bei weitem keine Selbstverständlichkeit. Seit dem Jahr 2009 wird von Radsportlerinnen aktiv dafür gekämpft, dass für sie ein vergleichbares großes Rennen durch Frankreich stattfindet, wie für die Männer. Mit diesem Artikel möchte ich auf das Thema aufmerksam machen und euch das Thema Frauen im Radsport näherbringen. Nach 119 Jahren ist es jetzt soweit.

Eine Vision wird in die Tat umgesetzt

Die Idee, dass auch Frauen eine Tour de France fahren dürfen, ist nicht neu. Von 1984 bis 2009 fand parallel zu der Männertour ein Rennen für die Frauen statt, welches aufgrund wirtschaftlicher Probleme wieder eingestellt wurde. Daraus haben Veranstalter und Experten gelernt. In diesem Jahr startet die Tour für die Frauen direkt im Anschluss an die der Männer, damit Fernsehsender über sie berichten und sie hoffentlich von der medialen Aufmerksamkeit der vorangegangen Männertour profitieren. Das Rennen soll langlebig sein und nicht nach einigen Jahren wieder aufgegeben werden müssen. Insgesamt klingt das nach einem guten Plan, da auch Frauen attraktive und spannende Rennen fahren, hart trainieren und den Männern an Ehrgeiz und Willensstärke in nichts nachstehen.

Erfolge von deutschen Radsportlerinnen auf Toplevel in Tokio 2021

Die Ergebnisse der deutschen Radsportlerinnen im Jahr 2021 bei den Olympischen Spielen in Tokyo haben gezeigt, dass innerhalb kurzer Zeit Weltrekorde im Frauenradsport möglich waren, die mit einem Medaillienregen  belohnt worden sind. Eine Leistung, die in die Geschichtsbücher eingeht und nicht so leicht zu toppen ist.  Radsportlerinnen haben in den letzten Jahren genug bewiesen, zu welchen Leistungen sie fähig sind.  

Im Jahr 2014 startete Claire Foret, Amateurradsportlerin, die als Erzieherin arbeitet, die inoffizielle Frauen-Radtour „Donnons des Elles au Vélo“, was so viel bedeutet, wie „Frauen, rauf aufs Fahrrad“. Dabei fuhr sie, zusammen mit wenigen anderen Frauen, die Tour der Männer mit, den Männern immer einen Tag voraus. Alle beteiligten Frauen waren keine Profiradsportlerin, sie mussten sich Sponsoren, Unterkünfte, Material und Verpflegung selbst organisieren, zusätzlich werden für sie die Strecken nicht abgesperrt. Sie nahmen alle diesen Aufwand auf sich, um zu beweisen, dass Frauen dazu in der Lage sind, eine Tour zu fahren. Mit den Jahren wuchs das Projekt. Die Frauen erhielten mehr Unterstützung und immer mehr Fahrerinnen begleiteten Claire Foret. Nur sehr selten schaffte es mal eine Fahrerin nicht, die 21 Etappen der Männertour nicht zu beenden. Auch das mediale Interesse für die Tour, die Foret selbst als Protestfahrt bezeichnet, wuchs stetig.

Warum es den Frauen so wichtig ist, eine eigene Tour de France zu bekommen, liegt daran, dass es insgesamt zu wenig Rennen im Frauenradsport gibt. Dadurch gibt es kaum Anreize für Frauen oder Mädchen sich für den Radsport zu entscheiden und insgesamt relativ wenige weibliche Profifahrerinnen. Das ist schade, denn auch Frauen sind dazu in der Lage, beeindruckende Leistungen im (Rad-) Sport zu erbringen. Es ist deprimierend zu sehen, dass die Frauen in der aktuellen Zeit nach wie vor hart dafür kämpfen müssen, nur annähernd dasselbe Gehalt, gleichwertige Preisgelder und dieselbe mediale Aufmerksamkeit wie die Männer zu bekommen.

Weniger Preisgeld und immer mehr Einsatz für die Idee

Die „Tour de France Femme“ wird aber als guter Schritt zur Gleichberechtigung gesehen, vor allem, was die Preisgelder betrifft. Die Preisgelder liegen insgesamt bei 250.000 Euro für die achttägige Rundfahrt der Frauen, die Siegerin bekommt davon 50.000 Euro. Das ist mehr als die Männer bei vergleichbaren Touren bekommen. Jedoch bekamen die Männer bei der Tour de France 2021 Preisgelder von 2,3 Millionen Euro ausgezahlt, von denen 500.000 Euro an den Sieger gehen. Auch wenn die Tour der Männer über drei Wochen geht, liegen die Prämien noch deutlich über den Preisgeldern der Frauen. Allerdings besteht die Hoffnung, dass, wenn die Tour so gut ankommt wie erhofft, sich auch die Preisgelder in ihrer Höhe immer mehr denen der Männer anpassen werden.

Wünsche allen Fahrerinnen viel Glück

Ich bin sehr gespannt, wie die Tour de France Femme ankommen wird. Ich hoffe, dass damit der Frauenradsport einen revolutionären Entwicklungsschritt nach vorne macht und sich immer mehr Frauen und Mädchen für diesen Sport begeistern werden und die Möglichkeit bekommen, ihn mit guter Unterstützung ausführen zu können. Denn bei einem bin ich mir sicher: Die Frauen werden eine tolle Tour mit spannenden Rennen fahren, die es sich absolut lohnt anzuschauen.

Grit Moschke ist Expertin der Sportpsychologie in Deutschland und im Bereich Radsport seit 16 Jahren tätig. Sie unterstützt Radsportler/innen, um ihre Ziele zu erreichen und mental gesund zu bleiben. Du hast Fragen zu deinen mentalen Vorbereitungen auf Wettkämpfe oder andere sportspezifische Fragestellungen, dann melde dich gern. (grit@fitmitgrit.com)

Quellen:

Tour de France: Preisgeld für Frauen-Rennen 2022 höher als bei Männer-Rundfahrten gleicher Dauer – Eurosport

Reporter – Eine Tour de France für Frauen | Reporter – YouTube

Gleichberechtigung im Radsport – Eine Tour de France für Frauen (deutschlandfunkkultur.de)

Preisgeld bei der Tour: 500.000 Euro für den Sieger (sport1.de)

Wenn Frauen 119 Jahre lang auf ein Radrennen warten müssen | kurier.at

Blog 96 Radsportlerinnen + Tour de France Femme 2022

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